Wenn ihr mal im Hilton Seychelles Labriz auf Silhouette seid – lasst euch die private Wanderung zur Grand Barbe nicht entgehen. Aber lest euch vorher unseren Bericht durch. Denn so ganz ohne ist die Tour nicht…
Nächster Stopp: Silhouette
Unser Seychellen-Urlaub nähert sich der Halbzeit. Nach La Digue und Praslin steht eine knappe Woche im Hilton Seychelles Labriz Resort & Spa auf Silhouette auf dem Plan. Die Überfahrt mit der hoteleigenen Fähre ist ziemlich schaukelig, aber die winkenden Hotelmitarbeiter und die sehr freundliche Begrüßung lassen die Übelkeit schnell wieder verschwinden.
Kaum auf Silhouette angekommen und mit dem Hotel vertraut gemacht planen wir unsere kommenden Tage auf der Insel. Neben Tauchen haben wir uns für eine weitere Wanderung (nach der privaten Tagestour auf Praslin und dem wunderbaren Trip zur Anse Marrone auf La Digue) entschieden. Also ab zur Hotel-Rezeption, um Informationen einzuholen
Das Angebot ist natürlich nicht sehr groß. Neben 1-2 kleineren Touren kommt eigentlich nur die Wanderung zur Grand Barbe in Frage. Vom Hilton Labriz Hotel führt eine 21 km lange Strecke über die Berge (400 Höhenmeter) zur Bucht Grand Barbe auf die andere Seite der Insel. Drei Stunden „one way“, aus denen aber auch mal vier werden können. Also ein kompletter Tag auf Achse. Aufgrund nicht befestigter Wege sei die Wanderung sehr anstrengend, aber uns wird versprochen, dass sie auch traumhaft schön sei. Wir würden einen weiteren Traumstrand sehen und Riesenschildkröten in freier Wildbahn. Ok, das klingt überzeugend. Anstrengend uns schweißtreibend kennen wir ja schon, also sind wir dabei 🙂
Wir buchen die privat geführte Tour (sie findet einmal in der Woche auch in der Gruppe statt, ansonsten jeden Tag nach Reservierung privat). Am nächsten Morgen geht’s los, wenn das Wetter mitspielt. Denn bei Regen findet die Tour aufgrund der rutschigen Wege nicht statt, zu gefährlich. Aber wir haben Glück.
Die Grand Barbe Tour – ein Höllentrip im Paradies?
Treffpunkt ist das Activity Center um 7.30 Uhr. Da das Frühstück erst um 7 Uhr beginnt, etwas knapp, aber machbar.
Unser Guide Daniel erwartet uns schon und übergibt uns unsere Rucksäcke. Rucksäcke, Wasser, ein kleines Lunchpaket und ein Handtuch werden vom Hotel gestellt. Wir schnallen die Rucksäcke auf und los geht´s.
Der Grand Barbe Weg fängt gegenüber der Kirche in La Passe an. Wir laufen durch ein kleines landwirtschaftliches Gelände, weiter Richtung Urwald. Es geht direkt bergauf durch kleinere Wälder mit Guaven- und Zimtbäumen sowie einer alten, verlassenen Kautschukplantage.
Unser Guide Daniel erzählt uns alles über die Flora und Fauna, während wir weiter die 400 Höhenmeter erklimmen. Wir klettern über große Felsen, laufen rutschige Urwald-Wege entlang und kommen schon nach den ersten 45 Minuten an unsere Grenzen. Der Weg hat es wirklich in sich, teilweise mehr Kraxeln als Wandern und es geht pausenlos bergauf oder bergab. Daniel richtet das Tempo aber ganz nach uns aus.
Tatsächlich – anstrengender als gedacht
Nach der ersten Stunde, endlich die erste Pause. Wir sind schon jetzt ganz schön geschafft, obwohl wir uns eigentlich für relativ fit hielten. Um 9.30 Uhr sind es schon weit über 30 Grad und die hohe Luftfeuchtigkeit macht uns zu schaffen. Die Beine zittern schon jetzt und jeder weitere Schritt ist eine Qual.
Wir wollen es aber unbedingt auf die andere Seite der Insel zur Bucht nach Grand Barbe schaffen. Da mir (Nicole) bzw. meinem Kreislauf die Hitze sehr zu schaffen macht, bietet Daniel mir an, meinen Rucksack (ca. 6 kg) zu tragen. Da sage ich natürlich nicht nein. Ohne Rucksack läuft es sich auf jeden Fall deutlich leichter 🙂 Und der Aufstieg kann ohne weitere Komplikationen weitergehen.
Je höher wir kommen desto ursprünglicher wir die Vegetation und wir sehen eine Vielzahl exotischer Pflanzen, wie z.B. wilde Vanille, wilde Ananas und Zitronengras.
Zwischendurch halten wir immer mal wieder an und verschnaufen, wischen uns den Schweiß vom Körper und trinken Wasser. Daniel scheint die Strecke nicht einmal ein bisschen anzustrengen. Er ist werde verschwitzt noch außer Atem, während wir seit zwei Stunden pausenlos pitschnass sind.
Von Gorillas und Chamäleons
Weiter geht’s bergauf, wir haben noch nicht einmal die Spitze der Berge erreicht. Stellt euch vor bei der zweiten Pause entdeckt Daniel ein schwangeres Chamäleon. Einfach unglaublich, so etwas in freier Wildbahn zu entdecken. Und es ist ganz zahm, es kommt sogar auf unsere Hand und schaut uns neugierig an. Schon allein dafür haben sich die Strapazen gelohnt.
Aber wir haben gerade mal die Hälfte der Strecke hinter uns gelassen, also geht es weiter die 400 Höhenmeter hinauf, durch den dicht bewachsenen Urwald. Für unseren Guide ist die Tour nur ein „Spaziergang“. Wir treiben schon sehr regelmäßig Ausdauer-Sport und halten uns fit, aber Daniel sieht auch nach 3 Stunden immer noch top fit aus und er erzählt uns auch wieso.
Er stammt aus Uganda und hat dort als Guide mehrtägige Trackingtouren zu den Gorillas begleitet. Das heißt, er hat sein Leben lang nichts anderes gemacht als Gepäck durch den bergigen Dschungel zu tragen. Und schon zu seiner Schulzeit musste er jeden Tag mehrere Stunden laufen, denn die Schule war 30 km entfernt. Im Hilton arbeitet er seit über 6 Jahren – und macht die Tour fast täglich. Kein Wunder, dass er eine Kondition hat wie ein Marathonläufer.
Felix fragt ihn in seinem Ehrgeiz, wie wir in der Zeit liegen. Ganz gut tatsächlich. Wir werden den Hinweg wohl in unter 3 Stunden schaffen. Daniel alleine braucht für den Weg hin UND zurück übrigens 2,5 Stunden – „2 hours when I’m running.“ Rennen??? Wir können uns nur im Ansatz vorstellen, wie man diesen Dschungel-Pfad über Felsen, Baumstämme und Rutschpartien rennen soll. Aber das sei nur ein Spaziergang im Vergleich zu den Gorilla-Touren, meint er.
Ja, Gorillas in freier Wildbahn. Wir sind total gefesselt und hören seinen Erzählungen neugierig zu. Gorilla-Tour in Uganda…. Das lässt uns heute noch nicht los 🙂
Endlich am Ziel: Die Grand Barbe
Nach ca. 3 Stunden Berg auf und Berg ab sind wir endlich auf der anderen Seite der Insel angekommen. Angeblich soll es hier noch ein kleines Dorf geben, aber das Dorf besteht lediglich aus 4 Hütten mitten im nirgendwo.
Daniel erzählt uns, dass hier ein älteres Ehepaar wohnt, beide um die 70. Sie wohnen seit über 50 Jahren dort, bis vor 2 Jahren hatten sie nicht einmal Strom in ihren Hütten. Mittlerweile haben sie sich einen Generator geleistet. Die beiden laufen 2x die Woche auf die andere Seite der Insel um Wasser und Lebensmittel einzukaufen. Denn hier an der Grand Barbe gibt es nichts. Sie brauchen zusammen 2 Stunden für einen Weg und tragen auf dem Rückweg noch ca. 10 kg an Lebensmittel (Wasser, Essen und Benzin). Geht der Mann alleine, schafft er es in 1,5 Stunden und das mit Anfang 70. Einfach unglaublich.
Und tatsächlich treffen wir die beiden in der Nähe der Hütten. Kaum vorstellbar, dass die beiden seit Ewigkeiten hier ganz alleine wohnen. Sie scheinen sich über den gelegentlichen Besuch der Touristen zu freuen und wechseln ein paar nette Worte mit uns.
Nachdem wir die Hütten hinter uns gelassen haben und über eine Wiese laufen, sehen wir endlich das Meer. Wir sind am Grand Barbe angekommen. Uns erwartet ein fantastischer Ausblick und wir sind die einzigen Menschen an der Bucht. Daniel sagt wir sollen hier kurz verschnaufen. Er läuft derweil noch einmal zurück bzw. weiter in den Wald hinein und sucht die Riesenschildkröten.
Riesenschildkröten in freier Wildbahn
Nach ca. 10 Minuten kommt Daniel in Begleitung des älteren Herren zurück und winkt uns zu sich. Wenn wir Lust haben, können wir uns noch die Riesenschildkröten ansehen. 5 an der Zahl leben hier in freier Wildbahn. Natürlich wollen wir das nicht verpassen und laufen mit. Die Schildkröten haben sich gut versteckt, aber Daniel kennt sich gut aus und weiß sofort wo wir hinmüssen. Wir sehen uns insgesamt 4 der 5 Schildkröten an. Die 5 ist nicht auffindbar, hat heute offenbar keine Lust auf Besuch.
Auch hier sind die meisten Schildkröten zahm und können angefasst werden.
Eine der 5 Schildkröten ist etwas eigensinnig, hier ist besser „nur schauen“ angesagt, aber nicht anfassen. Die Schildkröten haben schon etliche Jahre auf dem Buckel und sind wirklich riesig. Einfach faszinierend.
Nach ca. 15 Minuten Schildkröten suchen, schauen, streicheln (seit unserem Bootsausflug nach Curieuse wissen wir ja, dass sie es mögen, am Hals gestreichelt zu werden, weil sie sich da selbst nicht kratzen können) und 20 Mosquito-Stichen später, geht es endlich ab ins Meer abkühlen. Wir genießen das Wasser und die tolle Aussicht. Vom Wasser aus sehen wir einen langezogenen, weißen Sandstrand mit viel Grün.
Wir genießen noch ein paar Minuten das kühle Nass und kehren dann langsam zu unserem Platz zurück an dem wir uns niedergelassen haben. Daniel liegt auf einem Haufen leerer Kokosnüsse und schläft. Sein Alltag kommt uns sehr exotisch vor – 3 Stunden Wandern, Essen, Schlafen, 3 Stunden Wandern, Feierabend. Und morgen das Gleiche wieder. Gesund scheint es jedenfalls zu sein, laut eigener Aussage war er noch nie krank.
Wir setzen uns etwas abseits und genießen unser Lunch. Es gibt belegtes Toastbrot mit einer Thunfischcreme, Tomaten und Salat, total lecker. Dazu finden wir noch Obst, Nüsse und einen Softdrink im Rucksack. Auf jeden Fall ausreichend.
Nachdem wir gestärkt sind erkunden wir die Umgebung und machen Bilder vom Strand. Auch unsere Drohne lassen wir fliegen. Stören können wir ja niemanden, wir sind immer noch ganz alleine und Daniel schläft den Schlaf des Gerechten. Es ist so schön hier wir können uns gar nicht sattsehen.
Allerdings sehen wir hier auch das erste Mal Müll am Strand. Zwar nicht über den Strand verteilt, aber doch angespült am Rand zur Wiese bzw. Wald. Dort liegen ein paar Dutzend Plastikflaschen und anderes Kleinzeug. Dem dort lebenden älteren Ehepaar obliegt die Pflege dieses Teils der Insel. Wir maßen uns mal kein Urteil an, ob sie ihren Job (auch angesichts des gehobenen Alters) gut machen oder nicht – vielleicht sähe es ohne deren Einsatz ja noch ganz anders aus. Nur haben wir uns schon die ganzen Wochen über die extrem sauberen Strände gewundert, wo größtenteils nicht einmal ein Stückchen Plastikmüll zu sehen war. Daher fällt es uns hier stärker auf.
Was uns aber auch auffällt: die Muscheln. Überall am Strand liegen wunderschöne, teilweise faustgroße Südseemuscheln, wie man sie aus kitschigen Reiseprospekten und übertriebener Filmdekoration kennt. Zu schade, dass man die nicht mit nach Hause nehmen kann.
Der Rückweg – jetzt nochmal Zähne zusammenbeißen
Nach ungefähr einer Stunde Verschnaufpause brechen wir wieder auf. Wir sind wirklich erledigt, jetzt den ganzen Weg noch mal zurück. Puh, wie sollen wir das nur schaffen? Aber Daniel spornt uns an, er sagt die sportlichen Touristen schaffen den Rückweg unter 3 Stunden. Felix und ich schauen uns grinsend an, zu denen gehören wir ja wohl auch. Hochmotiviert ziehen wir unsere Rucksäcke auf (endlich sind sie leichter, das Essen ist geleert und auch die Wasservorräte werden weniger) und marschieren wieder los.
Der erste Abschnitt des Rückwegs führt wieder durch die rötlichen Felsspalten und glattgeschliffene Granitfelsen. Es geht über eine Stunde straff bergauf, mit kleinen und großen Stufen zwischendurch. Danach erreichen wir ein großes Felsplateau mit einer sagenhaften Aussicht. Daniel meint wir sind gut in der Zeit und könnten noch mal die Drohne fliegen lassen, wenn wir möchten. Natürlich. Wann können wir schon mal solch eine Aussicht genießen. Drohne ausgepackt, ein paar Runden gedreht und weiter geht’s.
Der Rückweg erfolgt auf dem gleichen Weg wie auf dem Hinweg morgens. Die Beine schmerzen, der Schweiß rinnt und wir sind sichtlich erschöpft. Aber unser Ziel vor Augen, unter 3 Stunden ankommen, kämpfen wir uns voran. Im Urwald entdecken wir wenig später ein Kreuz und fragen unseren Guide wofür es steht. Sichtlich bewegt erzählt er uns, dass vor einem Jahr hier eine Frau in Gegenwart ihres Mannes an einem Herzinfarkt gestorben sei und das genau bei dieser Tour. Wir müssen schlucken, hören aber aufmerksam zu und haben wirklich Respekt vor diesem Trip.
Geschafft! Lohnt sich die Grand Barbe Tour?
Nach 2:40 Stunden erreichen wir wieder unseren Startpunkt von heute morgen. Die Beine brennen, die Füße schmerzen und der Kopf glüht. Wir sind wirklich geschafft, aber auch absolut überwältigt und glücklich. Daniel hat die Tour zu einem wahren Erlebnis gemacht. Er weiß wirklich alles über Flora und Fauna, ist absolut zuvorkommend und passt sich dem Fitnesslevel der jeweiligen Gruppe an. Diese Tour hat uns wirklich an unsere Grenzen gebracht, aber bleibt uns dafür umso positiver in Erinnerung. Und ja, der Trip lohnt sich unbedingt! Solange ihr einigermaßen fit seid, ein absolutes Must Do auf Silhouette.